DogPersonality
Individuelles Training für Hund und Halter

Journal Club

Aktuelle Forschungsprojekte und -ergebnisse sind für mich als Biologin und Hundetrainerin besonders spannend und wichtig. Für diejenigen, die sich auch dafür interessieren, aber keine Lust oder keine Möglichkeit haben, die Originalarbeiten zu lesen, verfasse ich unter der Rubrik „Journal Club“ in unregelmäßigen Abständen Zusammenfassungen von wissenschaftlichen Publikationen rund um den Hund, vor allem zum Verhalten, Lernen etc., aber auch mal zu Genetik, Krankheiten und anderen Themen –was ich gerade interessant finde. Die Texte haben keinen Anspruch auf vollständige Wiedergabe des Inhalts, ich verwende hauptsächlich die Teile, die sich vielleicht auch im täglichen Leben mit einem Hund anwenden lassen oder über die man einfach mal nachdenken kann. Wer sich zu den Themen mit anderen austauschen möchte, kann das sehr gerne auf der Facebook-Seite von DogPersonality https://www.facebook.com/DogPersonality/ tun; ich freue mich auf interessante Diskussionen und natürlich über Likes!

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2017-05-04

Guck mal! – Rasseunterschiede bei hilfesuchenden Blicken

Dog Breed Differences in Visual Communication with Humans. Konno A, Romero T, Inoue-Murayama M, Saito A & Hasegawa T (2016) PLoS ONE 11(10): e0164760. doi:10.1371/journal.pone.0164760 oder http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0164760

 
Seit langem ist bekannt, dass Hunde viele kommunikative Signale von Menschen verstehen, wie Fingerzeige, Kopfnicken oder Blicke als Hinweise auf verstecktes Futter. Möglicherweise ist diese Fähigkeit im Rahmen der Domestikation entstanden, da selbst handaufgezogene Wölfe diese Hinweise weniger gut verstehen. Eine weitere Differenzierung könnte später innerhalb bestimmter Rassen oder Rassengruppen stattgefunden haben, je nach Anforderungen an die jeweiligen Aufgaben, während ursprünglichere („Ancient“) Rassen noch „wolfsähnlicher“ in ihren kommunikativen Fähigkeiten sind. Hier geht es aber nicht um das passive Verstehen von menschliche Signalen, sondern um Rassenunterschiede in der aktiven Aufnahme von Blickkontakt in Problemsituationen.
Getestet wurden dafür 120 Hunde aus 25 verschiedenen Rassen, die in 5 Rassegruppen eingeteilt wurden: Ursprüngliche Hunde („Ancient“), Hütehunde („Herding“), Jagdhunde („Hound“), Retriever-Mastiff und Arbeitshunde („Working“). Alle Hunde wurden zwei verschiedenen Testsituationen ausgesetzt. In der einen bekam der Hund vom Experimentator zunächst mehrere Futterstücke aus einem Behälter, dann blieb der Experimentator bewegungslos neben dem Behälter stehen und schaute den Hund an. Analysiert wurde der Augenkontakt des Hundes zum Menschen. Der andere Test war eine „unlösbare Aufgabe“, bei der der Hund zunächst lernte, einen Plastikcontainer zu entfernen, um an eine Futterbelohnung zu gelangen. Beim eigentlichen Test war der Container so befestigt, dass der Hund ihn nicht entfernen konnte. Hier wurde der Blickkontakt des Hundes zu dem hinter ihm stehenden Besitzer bzw. Experimentator ausgewertet.
Statistisch signifikante Effekte waren das Alter im ersten Versuch (ältere Hunde halten länger Augenkontakt) und die Rassegruppe bei der unlösbaren Aufgabe (die ursprünglichen Rassen brauchen länger bis zum ersten Blickkontakt und schauen den Menschen insgesamt weniger an). Die anderen Ergebnisse waren zwar nicht signifikant, zeigen aber alle die gleiche Tendenz: Die Vertreter der ursprünglichen Rassen (hier: Afghane, Akita Inu, Saluki, Shiba Inu und Sibirischer Husky) suchen später und kürzer den Blickkontakt mit dem Menschen, während sie sich am längsten mit der „unlösbaren“ Versuchapparatur beschäftigten. Unterschiede zwischen den anderen Rassegruppen waren geringer und es gab keine eindeutige Tendenz, wie z.B. eine Rassegruppe, die den längsten und schnellsten Blickkontakt hielt.

Admin - 14:41:27 | Kommentar hinzufügen