DogPersonality
Individuelles Training für Hund und Halter

Journal Club

Aktuelle Forschungsprojekte und -ergebnisse sind für mich als Biologin und Hundetrainerin besonders spannend und wichtig. Für diejenigen, die sich auch dafür interessieren, aber keine Lust oder keine Möglichkeit haben, die Originalarbeiten zu lesen, verfasse ich unter der Rubrik „Journal Club“ in unregelmäßigen Abständen Zusammenfassungen von wissenschaftlichen Publikationen rund um den Hund, vor allem zum Verhalten, Lernen etc., aber auch mal zu Genetik, Krankheiten und anderen Themen –was ich gerade interessant finde. Die Texte haben keinen Anspruch auf vollständige Wiedergabe des Inhalts, ich verwende hauptsächlich die Teile, die sich vielleicht auch im täglichen Leben mit einem Hund anwenden lassen oder über die man einfach mal nachdenken kann. Wer sich zu den Themen mit anderen austauschen möchte, kann das sehr gerne auf der Facebook-Seite von DogPersonality https://www.facebook.com/DogPersonality/ tun; ich freue mich auf interessante Diskussionen und natürlich über Likes!

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2019-06-20

Wer hat die Nase vorn bei der Nasenarbeit?

A Test of Canine Olfactory Capacity: Comparing Various Dog Breeds and Wolves in a Natural Detection Task. Polgar Z, Kinnunen M, Ùjváry D, Miklósi À & Gácsi M (2016) PLoS ONE 11(5): e0154087. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4859551/
 
Der Geruchssinn des Hundes ist sicher eine der faszinierendsten Eigenschaften unserer vierbeinigen Familienmitglieder, und für viele Hundehalter ist die Nasenarbeit vom einfachen Futtersuchspiel bis zum professionellen Mantrailing eine tägliche Beschäftigung. Aber vor allem, wenn aus dem Spiel ein ehrgeiziges Hobby, eine Aufgabe oder sogar ein „Beruf“ für den Hund wird, werden die individuellen olfaktorischen Fähigkeiten immer wichtiger. Die Autoren des hier besprochenen Artikels haben eine Methode entwickelt, die ohne großen Trainingsaufwand Unterschiede im Geruchssinn testen kann und damit auch eine Hilfestellung bei der Auswahl geeigneter Hunde bieten könnte.
Bekanntlich gibt es zahlreiche Hunderassen, die speziell für Nasenarbeit gezüchtet wurden, vor allem in der Kategorie Jagdhunde. Aber sind deren olfaktorische Fähigkeiten tatsächlich besser als die anderer Rassen? Und wie sieht es im Vergleich mit dem Wolf aus? Die wissenschaftliche Untersuchung dafür stand bisher noch aus. Bei Suchaufgaben leisten verschiedenste Hunde gute Arbeit, aber diese setzt sich neben der eigentlichen Schnüffeltätigkeit auch aus Arbeitswille, Ausdauer, Kooperation etc. zusammen.
Hier wurden vier verschiedene Gruppen (jeweils 12-15 Individuen) auf ihren Geruchssinn getestet: 1. Hunde, die für gute Nasenarbeit gezüchtet wurden (z.B. Basset, Beagle, Pointer), 2. Hunde, die für andere Zwecke gezüchtet wurden (z.B. Havaneser, Chinesischer Nackthund, Greyhound), 3. Hunde mit stark verkürzter Schnauze (brachycephale Rassen, z.B. Cavalier King Charles Spaniel, Boston Terrier, Boxer) und 4. handaufgezogene Wölfe.
Für den Versuch wurden jeweils vier Tonschalen mit einem Loch im Boden in einer Reihe so aufgestellt, dass der Boden nach oben zeigte. Unter jeder der Schalen befand dich eine Kunststoffdose mit Deckel und in einer davon ein Stück rohes Putenfleisch. Es gab jeweils 5 Durchgänge mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden: Im ersten wurden die Dosen ohne Deckel unter die Schalen gestellt, in den Durchgängen 2 bis 4 hatten die Dosen jeweils 1, 3 bzw. 5 Löcher im Deckel und im Level 5 hatte der Deckel keine Löcher. Die Hunde bzw. Wölfe hatten jeweils 1 Minute Zeit, eine Schale anzuzeigen, indem sie z.B. daran kratzten oder sich weigerten, weiterzugehen.
Die Ergebnisse sind nicht völlig überraschend, zeigen aber trotzdem ein paar interessante Details. Bei den einfachen Schwierigkeitsgraden (Level 1-3) liegen alle drei Hundegruppen und die Wölfe auf einem ziemlich ähnlichen, relativ hohen Niveau. Bei den Hundegruppen liegen die „Kurznasen“ konstant ganz hinten. Dieser Effekt steigert sich noch bei den schwierigeren Aufgaben (Level 4 und 5). Vor allem auf dem schwierigsten Level 5 liegen nur noch die Hunde, die auf Nasenarbeit gezüchtet wurden und die Wölfe statistisch signifikant über der Zufallswahrscheinlichkeit.
Fünf Wölfe und sieben Hunde aus allen drei Gruppen wurden nach mindestens einer Woche noch mal getestet. Hier zeigte sich, dass die Ergebnisse der Hunde sich praktisch nicht verändert hatten, während die Wölfe signifikant bessere Ergebnisse hatten. Im ersten Durchgang war auch bei den Wölfen die „Trefferquote“ in den schwierigeren Levels niedriger (um 50%), im zweiten Durchgang hatten sie auf allen Levels über 80% richtige Entscheidungen. Eine Erklärung hierfür steht allerdings noch aus.
Für das praktische Hundehalterleben lässt sich zusammenfassend sagen, dass einfache Aufgaben aus dem Bereich der Nasenarbeit auf jeden Fall für alle Hunde geeignet sind. Also, wann durfte Euer Hund das letzte Mal etwas suchen…?

Admin - 13:05:07 | Kommentar hinzufügen

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